Glossar.
Fachbegriffe aus dem Bereich Digitale Bildung
Wir erläutern Fachbegriffe aus dem Themenbereich Digitale Bildung. Das Glossar soll als Hilfestellung und Vertiefung einzelner Inhalte dienen.
Was bedeuten Digitalisierung oder Automatisierung für den Menschen und seine Fähigkeiten in einer Arbeitswelt von morgen? Einen Überblick über die so genannten Kompetenzen für das 21. Jahrhundert oder auch 21st Century Skills geben unter anderem die beiden US-Wissenschaftler James W. Pellegrino und Margaret L. Hilton: Sie haben drei übergeordnete Handlungsfelder identifiziert: Kognitive, intrapersonale und interpersonale Kompetenzen. Diese haben sie wiederum in verschiedene Handlungsebenen unterteilt. So finden sich unter der Handlungsebene der kognitiven Kompetenzen beispielsweise Handlungselemente wie Kritisches Denken, Kommunikationsfähigkeiten oder Skills zum Lösen komplexer Probleme. Der Handlungsebene der interpersonalen Kompetenzen werden Handlungselemente wie Zusammenarbeit und der Handlungsebene der intrapersonalen Kompetenz beispielsweise Neugier und Kreativität zugeordnet.
Beim 4K-Modell des Lernens handelt sich im Grunde um eine deutsche „Übersetzung“ der 21st Century Skills, bekannt gemacht durch den deutschen Bildungsforscher Andreas Schleicher, der bei der OECD Direktor des Direktorats für Bildung ist. Aus den 21st Century Skills haben sich vier Kernkompetenzen herauskristallisiert, welche Schülern ein selbstbestimmtes Leben in einer modernen Welt ermöglichen sollen:
- Kommunikation: Meint nicht nur das Sprechen verschiedener Sprachen, sondern auch eine Sprache, die dem Gegenüber gerecht wird, und die Kommunikation in den digitalen Medien.
- Kollaboration: Schüler sollen durch Zusammenarbeit gemeinsam Lösungen für komplexe Problemstellungen erarbeiten. Sie erhalten von den Lehrern Eigenverantwortung bei der Problemlösung im Team.
- Kritisches Denken: Schüler sollen lernen, Dinge zu hinterfragen, um zu mündigen Entscheidungsträgern zu werden.
- Kreativität: Schüler sollen fähig sein, kreative Lösungsansätze in allen Bereichen des Lebens und später bei der Arbeit zu finden.
Gruppenarbeit wird als eine Schlüsselfertigkeit des 21. Jahrhunderts angesehen: Sie dient dem Erwerb von Sozial- und Selbstkompetenzen, die über den Unterricht hinaus auch für die Zukunft der Schüler Bedeutung haben. Doch Schüler in Gruppen einzuteilen, bedeutet noch nicht, dass sie auch gut in ihren Gruppen zusammenarbeiten. Nach Einschätzung des kanadischen Pädagogen Norm Green, der wegweisende Literatur zum Thema kooperatives Lernen verfasst hat, bedeutet dies, dass Lehrer sich die Zeit nehmen sollten, um die Schüler auf Gruppenarbeit vorzubereiten. Dies geschieht, indem sie den Schülern die Gelegenheit geben, kooperative Interaktionen zu erleben, die den Boden für anspruchsvollere Aufgaben bereiten. Möglich ist dies durch das Erleben von Aktivitäten, die Spaß machen und von sich aus fesselnd sind. Die Lernforschung geht davon aus, dass ein interaktiver und erfahrungsorientierter Ansatz effektives Lernen bewirkt.
Von Blended Learning, auch hybrides Lernen genannt, spricht man, wenn die Vorteile von Präsenzveranstaltungen mit denen von E-Learning verknüpft werden. Beide Lernformen werden in einem gemeinsamen Lehrplan (Curriculum) verbunden. Ein Beispiel: Mit Hilfe von E-Learning werden Grundlagenkenntnisse erworben, die dann in einer klassischen Unterrichtsstunde diskutiert und in Übungen angewendet werden können. Zur Nachbetreuung und zur Transferhilfe sind die Schüler anschließend wieder in E-Learning-Einheiten aktiv.
BYOD ist die Bezeichnung dafür, dass private Endgeräte wie Notebook, Tablet oder Smartphone in der Schule genutzt und in deren Infrastruktur integriert werden. Ziel ist es, häufig bereits vorhandene private Geräte einzubinden, anstatt schuleigene Geräte anzuschaffen.
Dezentrales Lernen beschreibt ein neues Konzept des Lernens am Arbeitsplatz. Dabei sollen neue Modelle selbstgesteuerte Lernprozesse unterstützen, weg von traditionellen, zentralisierten Organisationskonzepten. Im schulischen Bereich wird versucht, allen Lernenden die Chance auf individuelle Lernmethoden zu ermöglichen. Dabei können die Arbeits- und Lernkonzepte für die Schülerinnen und Schüler ganz unterschiedlich aussehen.
„Lernen in der digitalen Welt bedeutet weit mehr als der bloße Umgang mit Smartphones, Tablets und Computern. Ein reflektierter und konstruktiver Umgang mit digitalen Medien ist für Kinder und Jugendliche heutzutage genauso bedeutsam wie Rechnen, Lesen und Schreiben. Medienbildung und Lernen mit digitalen Medien sind in den Schulen häufig bereits Alltag. Es bedarf aber weiterer Impulse. Die Nutzung digitaler Medien kann zu einer Verbesserung der Unterrichtsqualität beitragen. Entscheidend ist dabei nicht, wie häufig oder wie lange die digitalen Technologie genutzt werden, sondern dass sie mit der bestehenden Didaktik klug verknüpft werden“, sagt Claudia Bogedan, die Bremer Senatorin für Kinder und Bildung, die 2016 Präsidentin der Kultusministerkonferenz war.
Der Begriff E-Learning (Electronic Learning) umfasst alle Formen von Lehr- und Lernprozessen, die durch digitale Medien oder Tools unterstützt werden. E-Learning wird auch als E-Lernen oder E-Didaktik bezeichnet. E-Learning findet in unterschiedlichsten Lernkontexten statt. Besonders gerne angewendet wird es in der beruflichen Weiterbildung und bei der Durchführung von Workshops in (großen) Unternehmen, weil so Reisekosten und Unterbringungskosten gespart werden können.
Im Flipped Classroom (deutsch: umgedrehter Unterricht) eignen sich Kinder und Jugendliche Lernstoff vor einer Unterrichtsstunde mit Hilfe von Lernvideos und -programmen an. Jeder lernt in seinem Tempo: Wer schnell vorankommt, überspringt Videos. Wer etwas noch einmal sehen möchte, wiederholt. Die gemeinsame Zeit mit Mitschülern und Lehrkraft nutzt die Klasse dann für Diskussion und Anwendung.
Durch gemeinschaftliches Lernen werden Schüler darauf vorbereitet, neben den eigenen Fortschritten auch die der anderen im Blick zu behalten. Durch Gruppenarbeit und die damit verbundenen Selbstfindungsprozesse können Schüler ihre Zeit maximal zu nutzen, Theorien gemeinsam zu entwickeln und Ideen in der Gruppe auszutauschen und auszuwerten.
John Hattie, Direktor des Melbourne Education Research Institute an der University of Melbourne, entwickelte in seiner 2009 erschienenen Metastudie „Visible Learning – Lernen sichtbar machen” eine Rangliste verschiedener Einflussfaktoren auf den schulischen Lernerfolg. Er ordnete diese Einflüsse auf einer Skala von sehr positiven Effekten bis zu negativen Effekten für das Lernen in der Schule. Die sechs untersuchten Bereiche umfassen die Lernenden, das Elternhaus, die Schule, das Curriculum, die Lehrperson und das Unterrichten.
Nach Einschätzung von Prof. Dr. Bardo Herzig, Direktor des Zentrums für Bildungsforschung und Lehrerbildung (PLAZ) an der Universität Paderborn, stellt Hattie eine höhere Effektivität des Computereinsatzes für den Fall fest, dass
- Lehrerinnen und Lehrer durch entsprechende Fortbildung auf den Medieneinsatz vorbereitet werden,
- das Lernangebot vielfältige Möglichkeiten zum Lernen bietet, z.B. Hilfsangebote, variable Zeiteinteilung,
- die Schüler den eigenen Lernprozess kontrollieren, etwa im Hinblick auf die Auswahl von Aufgaben, die Bestimmung der Lerngeschwindigkeit oder auf die Wiederholungsmöglichkeiten
- Peer Learning unterstützt wird, das heißt wenn digitale Medien in Arbeitszusammenhänge eingebunden werden, in denen Schüler nicht alleine, sondern in Paaren oder in größeren Gruppen kooperativ arbeiten
- Feedbackmöglichkeiten vorgesehen sind, das heißt wenn Schüler vom Medium Hinweise auf Lernstände, Fehler oder Lernwege erhalten.
(Quelle: Studie „Wie wirksam sind digitale Medien im Unterricht?“)
Die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Schülern der achten Klasse werden von der internationalen Vergleichsstudie „International Computer and Information Literacy Study“ (ICILS) erfasst, und zwar durch die „International Association for the Evaluation of Educational Achievement“ (IEA). Dies ist ein unabhängiger internationaler Verbund wissenschaftlicher Institutionen für Bildungsforschung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die deutsche Teilnahme an der Studie. Sie wurde erstmals im Jahr 2013 durchgeführt und die Ergebnisse im November 2014 veröffentlicht. Demnach liegen die Schüler in Deutschland im internationalen Vergleich im Mittelfeld. Ein weiterer interessanter Befund: Während die Ausstattung der Schulen im internationalen Durchschnitt liegt, werden die neuen Medien im Unterricht zu selten genutzt.
Individuelles Lernen impliziert, dass die Schülerinnen und Schüler in Einzelarbeit lernen. Dies ist seit jeher Teil des Schulalltags. Das individuelle Lernen hat den Vorteil, dass der Schüler das Lerntempo selbst bestimmen und an die eigenen Fähigkeiten anpassen kann. Digitalen Medien helfen Schülern dabei, weitgehend unabhängig von der Schule zu lernen, seine Lernergebnisse später wieder zu sichten und weiter zu bearbeiten.
Einfach wie eine Tafel und leistungsfähig wie ein Computer: Mit interaktiven Whiteboards lernten Schülerinnen und Schüler an einem einzigen Gerät visuell, auditiv und über Berührungssteuerung. Heute sind interaktive Whiteboards an zwei Dritteln aller Schulen verfügbar.
Gemeinsam mit anderen Inhalte zu erstellen und weiterzuentwickeln ist auch im Schulbereich ein aktuelles Thema. Teamplayer sind nicht nur in der Arbeitswelt gefragt. Der Einsatz digitaler Medien bringt dafür eine Reihe von Vorteilen mit sich. Neben der Ideenfindung in der Kleingruppe gibt es folgende Beispiele für kollaboratives Arbeiten: Gemeinsame, zeitgleiche Arbeit an einem Dokument und Vorbereitung einer Präsentation in einer Kleingruppe.
Ein LMS meint eine Lernplattform oder ein Lernportal. Dies ist ein Softwaresystem, das Lernmaterialien digital bereitstellt Lernvorgänge organisiert. Eine der wichtigsten Aufgaben einer webbasierten Lernumgebung ist es, die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern beziehungsweise zwischen den Mitschülern zu ermöglichen.
Ein wesentlicher Mehrwert des Einsatzes von mobilen Endgeräten wie Tablets, Notebooks oder Smartphone im Unterricht besteht darin, dass sie in die Hände der Lernenden zur orts- und auch zeitunabhängigen Nutzung übergeben werden können, um damit selbstständig zu arbeiten. Die ständige Verfügbarkeit der Technologie und deren einfache Handhabung unterstützen diese Chancen sehr gut.
Ein MOOC bezeichnet einen kostenfreien Onlinekurs, meist angeboten von Universitäten oder anderen öffentlichen Institutionen, in der Regel mit vielen Teilnehmern. In MOOCs werden traditionelle Formen der Wissensvermittlung wie Videos, Lesematerial und Problemstellungen mit Foren, Blogs oder Chats kombiniert, in denen Lehrende und Lernende miteinander kommunizieren und Lerngemeinschaften bilden können. Übungen, Tests und auch Prüfungen können in MOOCs integriert werden. Ebenso kann das Arbeiten in sozialen Netzwerken Teil eines MOOC sein. Das freie, selbstgesteuerte Lernen und die Partizipation sind der Kern von MOOCs. In der Regel dauern diese mehrere Wochen, wobei Anfang und Ende festgelegt sind. Jede Woche werden neue Inhalte freigeschaltet.
An deutschen Schulen selbst gibt es bislang noch wenig Erfahrungen mit MOOCs, die für die Schüler im Rahmen des Unterrichts oder auch darüber hinaus – etwa in den Ferien – angeboten werden. Thematisch gibt es zwei Möglichkeiten: MOOCs zur Vertiefung des Unterrichts oder für Themen aus dem privaten Interessensbereich wie etwa Musik, Hobbies, Games oder Prävention. Sogar schulübergreifende MOOCs sind denkbar.
Die Bezeichnung Open Educational Resources (OER) lässt sich mit offene oder freie Lehr- und Lernmaterialien übersetzen. Dass heißt, dass die Materialien keinem urheberrechtlichen Schutz unterliegen und von allen Nutzern wiederverwendet, verändert, kombiniert und weiter verbreitet werden können. OER können einzelne Materialien aber auch komplette Kurse oder Bücher umfassen. Jedes Medium kann verwendet werden. Lehrpläne, Kursmaterialien, Lehrbücher, Streaming-Videos, Multimediaanwendungen, Podcasts – all diese Ressourcen sind OER, wenn sie unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden.
Die internationale Schulleistungsstudie PISA im Auftrag der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erfasst alle drei Jahre die Kompetenzen von 15-jährigen Jugendlichen beim Lesen, in der Mathematik und den Naturwissenschaften. 2015 präsentierte die OECD erstmals Ergebnisse zu der Frage, in welchem Zusammenhang der Wissensstand der Schüler mit dem Gebrauch von Informationstechnologie im Unterricht steht.
Das Ergebnis: Zu den Vorteilen digitaler Bildung an Schulen zählen der spielerische Zugang zu Wissen, die personalisierte Ausbildung und das kooperative Lernen. Die größte Bedeutung kommt demnach Unterrichtsformen zu, welche die Schüler nicht darauf beschränken, passiv Wissen aufzunehmen, sondern sie in eigener Recherche und Präsentation, in Lerngruppen und Projekten, im direkten Austausch mit Lehrern und Mitschülern lernen zu lassen. Sie bieten die Möglichkeit, Lerninhalte und -tempo auf die Stärken der einzelnen Schüler abzustimmen.
Im Gegensatz zum lehrerzentrierten Unterricht wird das Lerngeschehen beim schülerzentrierten Unterricht durch die Schüler und ihre Interessen, Fragen, Impulse und Aktionen bestimmt. Das Arbeiten in Sitzkreisen oder Kleingruppen sind typische Formen dafür. Dabei fungiert die Lehrkraft im Wesentlichen im Hintergrund und steht nur bei Fragen mit Rat und Hilfe zur Seite.
Beim Virtual Classroom (deutsch: virtuelles Klassenzimmer) dient das Internet als Kommunikationsmedium, um geographisch getrennte Schüler und Lehrer miteinander zu verbinden. Das Virtual Classroom ermöglicht so eine synchrone Form des Lernens.